Wir sind heute von unserem 21-tägigen Trek ins Herzen des Himalaya zurückgekommen und die Zeit war einfach grandios: fantastische Aussichten, frische Bergluft, Kaminfeuer, Hot Lemon und Milchtee, witzige Wanderbekanntschaften, Klöster und Gebetsmühlen, Sonne, blauer Himmel, im Wind flatternde Gebetsflaggen, wohltuende Bewegung, Momos,... Vor allem aber haben wir eines in Erinnerung: Schnee.
Aber seht selbst...
Teil 1: Shivalaya - Lukla
Normalerweise fliegen die meisten Trekker von Kathmandu nach Lukla, um direkt auf einer Höhe von 2500m den Marsch in Richtung Everest zu beginnen. Früher, als es die Flugverbindung noch nicht gab, waren die Wanderer jedoch gezwungen, den Anmarsch ab Jiri/ Shivalaya auf sich zu nehmen und somit auf einer Höhe von 1500m zu starten. Timo und ich, sowie Tom aus Polen und Emma und Brett aus Australien wollten es auf die harte altmodische Tour versuchen und hatten alle die sechs Tage längere Berg- und Talwanderung durch Nepals Solu-Gebirge gewählt. Zu fünft kamen wir am Abend vor unserem ersten Wandertag nach einer holprigen 10-stündigen Busfahrt aus Kathmandu in Shivalaya an und irgendwie, ohne große Worte zu verlieren, wussten wir, dass wir die kommenden Tage oder gar Wochen miteinander durch Höhen und Tiefen gehen würden - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Diese erste Zeit in den Bergen führte uns durch Sherpa-Dörfer und Rhododendronwälder, vorbei an grünen Terassenfeldern und buddhistischen Stupas, über wackelige Hängebrücken und drei Pässe, einer höher als der andere, immer weiter in Richtung der höchsten Berge der Welt. Das Beste dabei war natürlich der erste Blick am vierten Tag auf den Berg unseres Begehrens, den Mount Everest.
Ab und an kreuzte sich unser Weg mit dem Weg einer Gruppe Saddhus, hinduistischer Pilgerer, mit dem gleichen Ziel wie wir, den heiligen Gokyo Seen auf einer Nebenroute zum Mt. Everest. Westliche Touristen sahen wir in den ersten Tagen nur gelegentlich, dafür waren jede Menge Träger/innen und voll beladene Esel unterwegs; nicht zu vergessen die vielen kleinen Kinder, die uns bereits aus der Ferne mit vor der Brust gefalteten Händen mit einem lauten "Namaaaaaaste" begrüßten. Die Schlafgelegenheiten waren zum Teil abenteuerlich; einmal fiel sogar ein Fenster aus der Fassung, doch die warmherzigen Menschen in den Hütten ließen uns die Härte der Betten, die Luftdurchlässigkeit der Fenster und das zum Teil schlechte Essen vergessen. Nach 130km und mehr als 8000 Höhenmetern erreichten wir am sechsten Tag Lukla und damit jeeeeede Menge anderer Everestfanatiker mit Zeitmangel und ohne Gepäck, denn die meisten Wanderer lassen sich ihre Ausrüstung tragen. Wir trugen alles selbst, 12-15kg, 400km, 21 Tage lang; bergauf und bergab :-)
Teil 2: Lukla - Namche Bazaar
Kaum auf dem Lukla-Everest-"Highway" angekommen, wünschten wir uns zurück an den Anfang unseres Treks. Während wir in den ersten Tagen lediglich einer Hand voll Menschen begegneten, strömten sie jetzt in Massen mit uns in Richtung Everest. Anstelle von Eseln, die uns bislang als Lasttiere umgaben, trabten nun ebenfalls Massen an Yaks, beladen mit North Face und Mammut Taschen an uns vorbei bzw. blockierten, wie die Inhaber ihrer Taschen, die immer steileren und engen Wege. Da die meisten Trekker nach Lukla fliegen, waren sie jedoch nicht so gut akklimatisiert wie wir und so konnten wir also schnurstracks an den großen Gruppen vorbei sprinten und Unterschlupf in kleinen persönlichen Lodges suchen. In Namche Bazaar war ein Akklimatisierungstag auf 3500m vorgesehen. Wir stockten unsere Schokoladen- und Yak-Käsevorräte auf und rüsteten uns mit Steigeisen und Gammaschen aus, denn wir hatten Gerüchte von einem verspäteten Wintereinbruch gehört...
Teil 3: Namche Bazaar - Gokyo
Da wir uns bereits damit abgefunden hatten, dass das Everest Basislager lediglich eine uninteressante Ansammlung von Zelten und der Weg dorthin eine Massenveranstaltung ist, haben wir, sowie unsere drei Mitstreiter, uns entschieden, eine Nebenroute zu gehen. Diese Alternativstrecke sollte uns ins Gokyo Tal, gelegen auf einer Höhe von 4700m, auf den Gokyo Gipfel und schließlich über den Cho La Pass auf die Everest-Seite führen. Die Strecke hielt was sie verspricht: atemberaubende Berglandschaften abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Hier hatten wir sie wieder allein für uns, unsere geliebte Bergwelt. Zugegebenermaßen waren da noch ein paar andere Menschen, mit den wir jedoch gerne das Abenteuer teilten, denn irgendwie konnten wir uns mit den Sportlern auf dieser Seite der Berge besser identifizieren als mit den "Sonntagsspaziergängern", die meinen, so eben mal auf 5300m aufzusteigen - und das ganze am Liebsten in Turnschuhen.
Teil 4: Gokyo - Phortse Tanga - Gorak Shep
Nun fragt ihr euch vielleicht, wieso wir so viel Schnee in Erinnerung haben, wenn wir bis zum 10.Tag des Treks außer auf den entfernten Gipfeln keinen Schnee gesehen haben... Als wir am Morgen unserer Besteigung des Gokyo Gipfels in aller früh vor die Tür traten, realisierten wir, dass über Nacht 30cm Neuschnee gefallen waren. Unsere Gipfelbesteigung sowie die Passüberquerung waren damit "gestorben", denn das schlechte Wetter sollte anhalten und man riet uns, schnellstmöglich das Weite zu suchen, solange der Weg noch sichtbar und der Schnee nur auf Kniehöhe sei. Das bedeutete für uns, die wir trotzdem gerne einmal den Everest aus der Nähe sehen wollten, einen Umweg von drei Tagen um die Berge herum.
Von nun an war unser planerisches Geschick gefragt, denn wohl oder übel stießen wir nun früher auf den Hauptweg durch das Khumbu-Tal zum Everest. Wir machten uns also jeden Morgen in aller Frühe auf den Weg und sparten uns somit das Gedrängel auf den Wanderwegen. Etwas Gutes hatte es jedoch auch, inmitten der Massen zu wandern: Nach einem langen Wandertag wurden uns abends leckere Spaghetti serviert ;-) Auch die ein oder andere Pizza ließ uns die Kälte, unsere wunden Nasen, unsere nassen Füße und, hhmmm, unsere ungewaschenen Körper und stinkigen Klamotten vergessen ;-) Spätestens jetzt zahlte sich unsere Winterausrüstung aus, denn die Wege waren eisig und die Schneemassen gigantisch. Doch da wir die meisten Monate unserer Reise in warmen Gefilden verbracht haben, genossen wir den Schnee und die dadurch noch mächtiger wirkenden Berge in vollen Zügen.
Vor allem die Besteigung des Kalla Pathar, einem 5545m hohen Berg in Nähe des Mount Everest, von wo aus man ihn am Besten bestaunen kann, war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Selbst das Everest Basislager hat uns auf Grund der faszinierenden Gletscherlandschaft, in der es gelegen ist, ins Staunen versetzt und war den Umweg definitiv wert. Wir alle sind uns jedoch einig: Der Mt. Everest mag wohl der höchste Berg der Erde sein, der Schönste ist er definitiv nicht. Viel schöner sind da Pumori, Nuptse, Ama Dablan,...
Teil 5: Gorak Shep - Lukla - Kathmandu
Da wir durch unseren Umweg ein paar Tage länger für unsere Tour gebraucht haben, hatten wir am Schluss nicht genügend Zeit zur nächsten Straße zu laufen, von wo aus wir mit dem Bus hätten nach Kathmandu fahren können... Also nahm vor allem ich meinen ganzen Mut zusammen und gönnte Timo und mir den szenischen Flug vom gefährlichsten Flughafen der Welt in Lukla nach Kathmandu. Als das Miniflugzeug heute morgen den Berg hinunter rollte, hielt ich kurz den Atem an, doch spätestens beim Anblick der Schneeberge von oben, war jegliche Anspannung und Anstrengung der vergangenen Tage und Wochen vergessen... Und so schlimm war der Abflug gar nicht ;-)
Nun sind wir wieder bei unserer Gastfamilie in Kathmandu. Pizza und Spaghetti haben wir vorerst "Adé" gesagt, von nun an heißt es wieder Linsen und Reis. Aber nicht lange... In vier Tagen geht unser nächster Flug, dieses Mal in einer gaaanz groooooßen Maschine in Richtung Deutschland!!!! Die Vorfreude auf unser Zuhause steigt stetig...
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