Tag 4 in China: Wir sind noch keine Stunde unterwegs da stehen wir schon im Stau. Anfängerfehler! Wir haben uns an einem Samstag auf den Weg zu einer der größten Touristenattraktionen des Landes, dem Jiuzhaigou National Park, gemacht und mit uns gefühlte 3 Milliarden fotowütender Chinesen auf der Suche nach neuen Motiven. So ein Mist aber auch! Eine Weile später... Peng... Es qualmt und stinkt, die Großstadtchinesen zücken ihren Mundschutz. Wir wundern uns, was los ist. Der Bus wird langsamer und der Busfahrer wirkt suchend, als wisse er nicht genau, wo es lang geht. Wir bleiben ahnungslos, sind wir doch mal wieder die einzigen Westler unter einer Horde Chinesen. Wie sich später herausstellt, besteht die Hälfte des Busses aus Amerikanern mit taiwanesischen Wurzeln - na die hätten sich ja ruhig mal früher zu Erkennen geben können ;-) Alles klärt sich: einer der acht Reifen ist geplatzt, wird repariert und weiter geht es im stockenden Verkehr. Zum Mittagessen gibt es einen Eimer Nudeln. Einer der taiwanischen Amerikaner erklärt uns Deutschland und China haben in Punkto Ordnung viel gemeinsam, nur was die sanitären Anlagen betrifft, müsste sich das Land noch bessern. Recht hat er, denn in der Tat werden die Klos immer abenteuerlicher. Wenn man in der Höhe doch bloß nicht so viel trinken müsste...
Wir sehen zum ersten Mal in China blauen Himmel. Den Chinesen im Bus scheint es ähnlich zu gehen, denn plötzlich zücken alle erneut ihre Kamera. Die Landschaft verändert sich: die Bäume tragen gelbe Blätter, an den Straßen werden Äpfel verkauft, es wird hügeliger, die Städte kleiner. Die Häuser sind mit Holz verkleidet und mit buddhistischen Gebetsflaggen verziert; sie lassen den tibetischen Einschlag erkennen. Man könnte glatt meinen man sei nicht mehr in China. Die Sonne scheint in den Bus. Sofort ziehen die Chinesen die Vorhänge zu, nur an unserem Platz bleibt ein kleines Guckloch frei. Ab und zu erscheinen Beton-Retortenbauten - Anzeichen der chinesischen Siedlungspolitik, der nächste Staudamm ist nicht weit. Und es gibt BROT, tibetisches Brot. Mmmmhhh! Und Yakfleischspieße! Wir erreichen die 3500m-Marke und somit die Schneegrenze. Vor uns offenbart sich eine Schneelandschaft wie aus dem Bilderbuch. Die Chinesen sind ganz entzückt: "ahhh, ohh,..." und zücken erneut die Kamera. Durch die dreckigen Scheiben des Busses werden die Bilder bestimmt richtig gut... Als wir am Abend nach fast 12 Stunden Fahrt in dem "Dorf", welches an den Nationalpark angeschlossen ist, ankommen, staunen wir nicht schlecht. Wir glauben uns fast in Las Vegas: Es blinkt und leuchtet so weit das Auge reicht. Riesige Hotelanlagen, die zum Teil witzige Namen wie Romance Park tragen, prägen das Straßenbild. Die schon fast tibetische Idylle der Busfahrt ist dahin. Wir sind immer noch in China!
Tag 5 in China: Um den Massen an "Sonntagsspaziergängern" im Jiuzhaigou Nationalpark zu entgehen, entdecken wir zuerst den Huanglong Nationalpark, der an diesem Tag dank des Neuschnees nur für wenige erfahrene Fahrer, wie unseren, mit dem wir, zwei Australier und ein Kanadier an diesem Tag unterwegs sind, erreichbar ist. Fast alleine wandern wir durch die Winterlandschaft mit den blauschimmernden Wasserbecken. Wow! Anders am nächsten Tag...
Tag 6 in China: Bereits um 6:30 stehen wir, wie immer pünktlich wie die Maurer, ganz vorne mit dabei in der Schlange, die uns zu den Eintrittstickets zum Park führt. Ab 7:00 klopfen die ersten Chinesen ungeduldig an die Türen. Als um 7:30 die Türen aufgehen, drängeln sie los und wir mit! Wir haben einen Vorteil: Timos Größe ;-) Wenige Zeit später sitzen wir in einem der unzählbaren grünen Busse, die fast im Sekundentakt Menschen durch die fast 40km ausgedehnte Parklandschaft karren. Möge der Wettkampf um das schönste Bild beginnen! Alle sehenswürdigen bzw. fotografierwürdigen Naturspektakel sind mit Bushaltestellen versehen, sodass man nicht laufen muss, wenn man nicht möchte und sich die ganze Energie fürs Knipsen und Posieren sparen kann.
Die Landschaft erinnert uns ein wenig an Kanada: Seen umsäumt von Wäldern und zum Teil schneebedeckte Berge im Hintergrund. Das Wasser der Seen ist unfassbar klar und die Kalkablagerungen auf dem Boden der Seen produzieren wunderschöne kräftige Türkis- und Grüntöne, die in einem tollen Kontrast zu den Gelbtönen der Blätter und dem Weiß des Schnees stehen. Wir lassen uns die Gelegenheit zum Wandern jedoch nicht entgehen und legen große Strecken auf den mit Holzplanken versehenen Wegen zurück und sind auch hier selten nur zu Zweit - wir sind eben nicht in Kanada. Wir sind trotzdem ganz entzückt und wetteifern fleißig mit den Chinesen um das schönste Bild. Am Ende des Tages gehen wir siegreich hervor, da sind wir uns sicher!!! Aber seht selbst... ;-)
Nun befinden wir uns auf dem Weg nach Westsichuan, wo wir hoffen, in den Bergen einen Hauch unverfälschtes Tibet außerhalb der autonomen Region zu finden...
Hallo ihr Lieben. Glückwunsch zum blauen Himmel. Ihr seid in einer wirklich schönen Landschaft. Aber es scheint auch schön kalt zu sein. Grüße aus dem Frühling in der Schweiz. Alex aus KL
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