Namaste!!!!
Tempel Nadu? Noch nie davon gehört? Hmm...
Eigentlich heißt der südliche Bundesstaat ja auch Tamil Nadu, aber gemessen an der Zahl seiner Tempel könnte er ebenso gut Tempel Nadu heißen. Dementsprechend sind unsere Erlebnisse in Indien bisher vorwiegend von spirituellen Begegnungen und Tempelbesichtigungen geprägt. Nur ein Eindruck ist vielleicht vorherrschender: Hupen, Hupen, Hupen und die Angst, in dem tamilischen Verkehrschaos die Straße zu überqueren oder im Bus zerquetscht zu werden.
Angefangen hat das Abenteuer in Chennai, der 4 Millionen Metropole und zugleich Hauptstadt Tamil Nadus. Wir sind hier nun wieder ganz nah an Sri Lanka, wo unsere Reise vor fast sieben Monaten begonnen hat. Da wir auf der letzten Reise vor drei Jahren in Chennai ziemlich krank waren, hatten wir Respekt vor der Rückkehr in die Stadt, doch mit ein bisschen Kuh-Streicheln und Ohrenzoppeln im Tempel für gutes Kharma ist dieses Mal alles gut gegangen. Ein ganz besonderes Erlebnis in Chennai war der Besuch auf einem Blumenmarkt. Blumen werden in Indien und Asien überwiegend für Girlanden, Kränze und Haarschmuck verwendet, nur selten findet man Blumen am Stil, um sie in Vasen zu stellen. Demnach gab es auf dem Blumenmarkt Massen an Blüten, die fleißig von Männern und Frauen zu Schmuck und Deko gebunden werden. So gut wie dort hat es in Indien seitdem nie mehr gerochen ;-)
Nach Chennai ging es mit dem Nachtzug und einer großen Migräne nach Thanjavur, einer Kleinstadt mit 200 000 Einwohnern. Hauptgrund unseres Besuches dort war der Brihadishwara Tempel. Was wir dort bei einer wunderbaren Führung mit Raja alles über die Konstellationen hinduistischer Götter wie Shiva, Vishnu, Parvati, Ganesh,..., deren Inkarnationen und religiösen Praktiken gelernt haben, können wir hier gar nicht wiedergeben. Wie ihr aber seht, haben wir fleißig mitgemischt. Für jeden "Farbfleck" auf unserer Stirn mussten wir entweder singen, uns gegen die Schläfen klopfen (um positive Energie freizusetzen) oder sonstige Mantras nachsprechen. Raja hat uns keinesfalls verschont und wir hatten viiiiiiel Spaß dabei - mindestens genauso viel wie nachmittags im Kino. Nein, wir sprechen kein Tamil, aber die Handlungen sind ja nicht so komplex und die indischen Tänze allein sagen schon so einiges aus.
Mit viel positiver Energie ging es weiter nach Madurai, der heiligsten Stadt des Südens - für uns heilig, da wir uns zum ersten Mal haben von einem Elefanten segnen lassen. Dabei gaben wir im Sri Menakshi Tempel zuerst das Geld (einen Schein von 10 Rupien = 14 Cent) in den Rüssel des Elefanten, woraufhin der Dickhäuter den Rüssel auf unseren Kopf legte. Wir sind noch immer nicht krank gewesen ;-) Danke, Elefant! Im gleichen Tempel gab es für uns mal wieder viel zu bestaunen und zu erfahren. Wir trafen auf eine Frau, die ihr Haar opferte, um nach acht kinderlosen Jahren endlich schwanger zu werden. Wir trafen auf Familien, die als Dank für eine unkomplizierte Schwangerschaft 30 Tage nach der Geburt des Kindes einen Dhoti (Wickelrock) um eine religiöse Statue banden. Wir sahen wie Statuen mit Milch, Butter, Yoghurt und Früchten von den dickbäuchigen Priestern mit nacktem Oberkörper gesegnet wurden bevor sie danach mit Blumengirlanden geschmückt wurden. Wir sahen...
Den (gut)gläubigen Hindus setzte sich unsere Couchsurferin Mital entgegen. Mital und ihre Familie sind Jains. Jains sind normalerweise pure vegetarians. In ihrer krassesten Ausprägung tragen Jains Mundschutz, um ja keine Fliege zu verschlucken. Mital hingegen ging auf letztere mit einer elektrischen Fliegenklatsche auf Jagd und war auch sonst in keinster Weise gläubig. Gut so, denn sonst hätten wir nach Einbruch der Dunkelheit keine Curryblätter mehr zum Kochen verwenden dürfen, denn die Jains wecken schlafende Pflanzen eigentlich nicht auf. Aus einer wohlhabenden Business-Family stammend, wurde Mital vor 14 Jahren im Alter von 24 verheiratet, nur um ein Jahr später wieder geschieden zu werden. Nicht nur war Mital unsere erste weibliche Couchsurferin in Indien, wir haben auch noch nie jemanden getroffen, der geschieden war, denn das ist in Indien eher ein Tabu Thema. Auch in ihrer Familie wird diese Tatsache eher totgeschwiegen, erzählte sie uns. Cool, dass Mital so offen hat darüber sprechen können. Ihre progressive Ansicht hat uns nochmal einen ganz anderen Einblick ermöglicht.
Mit ihr waren wir auch auf einer Lesung zur Geschichte der tamilischen Namensgebung. Eigentlich sollte die Lesung ja auf Englisch sein, aber irgendwie war sie das nicht. Nein, wir sprechen kein Tamil - immer noch nicht. Verstanden haben wir dieses Mal jedoch gar nichts, auch wenn wir wahrscheinlich am aufmerksamsten zugehört haben. Dafür gab es ein Mittagessen gratis, zu dem wir als Ehrengäste eingeladen wurden ;-) Wie ihr der Vielzahl der Gruppenbilder von uns mit vielen bunten Indern entnehmen könnt, steht "Ehrung" auch sonst fast täglich auf dem Programm. Manchmal wissen wir gar nicht, wie wir mit der ganzen Aufmerksamkeit umgehen sollen. Unsere Privatsphäre ist auch dahin, aber das wussten wir ja schon... 1,2 Milliarden Inder kennen sowas eben nicht!
Dieses Opfer bringen wir gerne für das beste Essen auf der ganzen Reise (abgesehen vom Käse in Neuseeland vielleicht;-)) und den weltbesten Milchtee, für die vielen netten Kontakte, die Farben, die Gewürzdüfte, das herausfordernde Chaos, die entspannte Atmosphäre in den Tempeln und die Reisefreude, die uns das Festland bisher beschert hat.
Bald mehr aus Kerala, dem Nachbarn Tamil Nadus mit seinen unendlichen Wasserknälen und Palmenwäldern...
Viele würzige Grüße auch von Shiva, Vishnu, Parvati und Ganesh,
Hanna und Timo
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