Sabaidee!
"Das kleine Laos und seine starken Nachbarn" - so hätte dieser Blogeintrag auch heißen können, aber mit dem gewählten Titel merkt ihr schon, dass wir endlich mal wieder unsere frankophile Seite ausleben durften! Seit dem Beginn unserer Reise haben wir nur wenig Französisch gesprochen, doch hier in Laos haben wir das Gefühl, dass fast alle Reisenden aus einem französischsprachigen Land kommen. Angefangen hat dies schon bei der Ausreise aus China: Den Bus bestiegen komischerweise mehr "Weiße" als Chinesen - das war sonst in China nie der Fall. Im Bus sprach uns dann ein Pärchen auf Französisch an, dass wir auf ihren Plätzen säßen - Marie und Mathieu aus Québec hatten uns gefunden :-) Knallhart wiesen wir sie darauf hin, dass sich in China noch nie jemand an die Platznummern gehalten hätte und blieben sitzen.
Kurz hinter der laotischen Grenze wurde uns schnell klar, dass Laos ganz anders tickt als seine großen Nachbarn China, Vietnam und Thailand. Die Landschaft war durchzogen mit dunkelgrünem Urwald und stundenlang sahen wir nichts anderes. Naja, zugegeben, der starke Nachbar aus dem Norden hat schon angefangen die Urwälder abholzen zu lassen, um das Holz billig nach China zu holen. Riesige Kautschukplantagen sollen sich ebenfalls im Norden von Laos befinden! Davon sahen wir aber zunächst erstmal nichts.
Stattdessen entzückte uns die kleine Stadt Luang Namtha mit ihrer Natur: Wir fuhren 2 Tage lang mit dem Kajak durch den Nationalpark und besuchten Minoritätendörfer entlang des Nam Ou Flusses (insgesamt sind es dort 49 Minoritäten, deshalb sparen wir euch die Namen ;-) ). Die Bewegung tat mal wieder richtig gut nach der eher trägen letzten Woche in China mit zu viel Essen... Auf dem laotischen Menü stand vor allem viiiiiel sticky rice - das ist Klebereis, den man in der Hand zu einer Kugel formt und dann in verschiedene Saucen (z.B. Chili) dippt und mit lecker Kohl in den Mund schiebt.
An einem dritten Tag schnappten wir uns mit unseren Quebecois-Freunden einen Drahtesel und fuhren durch die Reisfelder. Diese wurden von den Bauern und ihren Familien gerade per Hand abgeerntet - ein schöner und zugleich ungewohnter Anblick, da es bei uns ja nur Mähdrescher gibt, die so etwas noch machen. Somit zeigte sich für uns auch hier, dass Laos noch bei Weitem nicht so weit entwickelt ist wie seine Nachbarn...
Unsere Nachbarn im Guesthouse hießen Anne und Richard. Zunächst nur ein kleiner Smalltalk, doch dann entwickelte sich aus einer flüchtigen Begegnung ein sehr freundschaftlicher Kontakt.
Die beiden kommen aus dem frankophonen Belgien und reisten mit uns per "Boot" weiter den Nam Ou Fluss abwärts. Unter dieser Bootsfahrt könnt ihr euch folgendes vorstellen:
"Der Motor rattert. Er schiebt das schmale Langboot den Nam Ou hinab [...] Kurve folgt auf Kurve. Der Steuermann, der vorne auf einem alten Autosessel sitzt, kurbelt. Das Boot, ein vielleicht fünfzehn Meter langer und einen Meter schmaler Holzkahn, legt sich schief. Es schießt in der Innenseite der Kurve dicht an den Felsen vorbei. Alles vibriert, wenn die Wellen gegen das Holz schlagen und das Boot erschüttern. Wasser spritzt zu beiden Seiten vom Bug fort und fliegt mehrere Meter davon. Gelegentlich landet auch ein Schwall auf uns Passagieren, die wir uns auf zwei Reihen schmaler, knöchelhoher Holzbänke gegenüberkauern." (Erik Lorenz, Laos - Vom Schwinden der Silberfäden)
Und trotzdem überleben wir die 5-stündige Fahrt und genießen jede Sekunde :-) Nach all den Busfahrten ist eine Fahrt im "Boot" mal wieder etwas richtig Angenehmes. Außerdem haben wir mit Anne und Richard die richtigen Reisepartner gewählt - wir haben jede Menge Spaß!!!
Das Boot verlassen wir im Dorf Muang Nong Khoi (keine Sorge, wir vergessen die Ortsnamen auch, sobald wir sie ausgesprochen haben!). Hier erwarten uns drei traumhafte Tage im Nichts! Denn dieses schöne Fleckchen ist nur mit dem Boot erreichbar, eine Straße gibt es nur vom Dorfanfang bis zum -ende! Wir ergattern den letzten Bungalow mit Blick auf die Karstberge, die gen Süden immer größer werden. Auch die zwei Hängematten auf der Veranda sind in diesem Zusammenhang "nennenswert" ;-) Wir faulenzen, gehen mit Anne und Richard von Café zu Café und fühlen uns irgendwie ganz fern von jeglicher Zivilisation.
Am letzten Tag unternehmen wir zu viert eine Wanderung in ein noch weiter entlegenes Dorf durch die abgeernteten Reisfelder und sind fasziniert von der Höhle, die wir auf eigene Faust erkunden und der Natur drum herum.
Nach einer weiteren Bootsfahrt und einer längeren Busfahrt mit zwei Platten in 2 Stunden (!!!) kommen wir zum ersten Mal in einer, für laotische Verhältnisse, großen Stadt an: Luang Prabang ist das wichtigste religiöse Zentrum in Laos und wird dominiert von Tempeln und den dazugehörigen Mönchen (in rot und orange), die man an jeder Ecke sieht. Am besten kann man sie beobachten, wenn sie früh morgens bei ihrem Almosengang Reis und Früchte von den Bewohnern erhalten. Vielleicht liegt es an ihnen, dass diese Stadt trotzdem so gar nichts von einer asiatischen, hektischen Stadt besitzt. Die einzigen, die stören, sind manche Chinesen, die sich mit ihren Objektiven zwischen die Gläubigen stürzen.
Wir bleiben insgesamt 5 Tage hier, genießen die ruhige und angenehme Atmosphäre der Stadt, futtern Baguette in französischen Bäckereien und Cafés und löffeln Reisnudelsuppen in den vielen Suppenküchen, wobei Hanni ihre Suppe jedes Mal so scharf würzt, dass ihre Unterlippe brennt. Ich schleppe Hanni durch Tempel (Vats), zu Aussichtspunkten und in den Königspalast. Zur Belohnung gibt's Massagen beim Roten Kreuz (1 Stunde 5€) und Fruitshakes in einem der zahlreichen Cafés am Mekongufer. Letzterer ist Asiens längster Fluss und fließt kurz vor Luang Prabang mit dem Nam Ou zusammen und erstreckt sich bis in den Süden von Laos (und weiter durch Kambodscha).
An einem Tag müssen wir dann aber doch wieder raus in die Natur. Ein Dorf, welches bekannt ist für seine Papierherstellung und ein Wasserfall, der Abkühlung bringt in dem immer heißer je südlicher werdenden Klima, stehen auf dem Programm. Zurück in der City treffen wir dann auch Marie und Mathieu aus Québec wieder. So ist es in Laos eigentlich die ganze Zeit: man sieht immer wieder die gleichen Reisenden und erzählt sich Geschichten, die man erlebt hat und tauscht Erlebnisse aus... so fühlt man sich eigentlich nie alleine, wie es in China oft der Fall war. Den letzten Abend genießen wir mit typisch laotischem Beerlao und Cocktails auf Lao Lao Basis (Schnaps, 40%) - Effekt garantiert!
In Luang Prabang müssen wir dann auch unseren 4 frankophonen Freunden "Au revoir" sagen.
Hanni und ich fahren gen Osten weiter. In Phonsavan bleiben wir 4 Tage und setzen uns mit der traurigen Geschichte von Laos auseinander: Laos hält den traurigen Rekord das am meisten bombardierte Land der Welt zu sein. Im "Secret War" (1964-73), der parallel zum Vietnamkrieg verlief, fiel über Laos 9 Jahre lang im Durchschnitt alle 8 Minuten eine Bombe aus einem amerikanischen Flugzeug auf das Land. Die Folgen sind in der Region um Phonsavan noch heute sichtbar: auf unserer Wanderung, bei der man die Wanderwege auf keine Fall verlassen darf, weil das Land noch immer nicht bombenfrei ist, haben wir auch tatsächlich eine vom MAG (Mines Advisory Group) markierten "Bombie" gefunden. Oftmals spielen Kinder damit, weil die gelben Bombenhüllen aussehen wie Tennisbälle. Am 04. November wurde einem Kind dabei ein Arm und ein Bein weggefetzt... und es wird wohl leider nicht das letzte sein. Auch wir hatten auf unserer Wanderung immer ein komisches Gefühl im Bauch, auch deshalb, weil in der Ferne immer wieder Bombenentschärfungen (Sprengungen) der MAG zu hören waren.
Dabei ist dieser Teil von Laos nicht weniger schön als das, was wir bis jetzt gesehen haben! Die weiten Wiesen und das hügelige Land sind eine schöne Abwechslung zum tiefen Dschungel im Norden... Außerdem gibt's in der Umgebung mal wieder "Steine" zu gucken ;-P Diese sind 2000 Jahre alt und waren wohl Gräber. Sie stehen dicht an dicht mit den Bombenkratern und Schützengräben aus dem Indochina-Krieg. Und weil wir vom "Kriegstourismus" noch nicht genug hatten, haben wir uns auch noch ein Dorf angeschaut, in dem die Menschen die leeren Bombenhülsen der Amerikaner zu Blumenkästen, Hausstelzen oder Feuerstellen umfunktioniert haben...oder das Ganze einfach einschmelzen und daraus neue Sachen machen: zum Beispiel Löffel :-)
Nun sitzen wir gerade mal wieder im Bus (hier in Laos gibt es keine Eisenbahn!). Der kleine Junge neben uns kann's nicht fassen, dass er zwei anders aussehende Menschen neben sich sitzen hat. Er starrt uns an und kriegt kein Lächeln raus. Da kommt der junge Mann, der nach einiger Zeit zusteigt, gerade recht: er hat ein Huhn unterm Arm und nimmt neben uns Platz: jetzt starren wir das Huhn, das neben uns sitzt, an und können's nicht fassen :-D Die Fahrt ist wieder kurvenreich und so können einige der Landbewohner leider nicht ihr Essen drinbehalten - auch das haben wir hier in Laos zum ersten Mal erlebt: die Bauern sind es einfach nicht gewöhnt, Bus zu fahren und ihr Magen scheint recht schnell zu rebellieren. Die falang (laotisch, eigentlich für "Franzose", heute allgemein für "Ausländer") reichen feuchte Tücher und Wasser ;-)
Morgen werden wir die 6,5km lange Kong Lo Höhle besichtigen. Ein bisschen unruhig sind wir bei dem Gedanken schon, so lange mit einem "Boot" (Definition s.o.) durch die Finsternis zu fahren...
Und dann heißt es auch schon wieder tschüss Laos! Wir hatten eine spontane Idee und so werden wir in ein paar Tagen das Land wechseln...
Pünktlich zu Weihnachten werden wir euch dann Weihnachtsgrüße von dort aus schicken :-)
Hanna & Timo
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